Hilfen für Menschen in seelischen Krisen in der Vorderpfalz
Hilfen für Menschen in seelischen              Krisen in der Vorderpfalz

Krisentelefon

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Für psychisch kranke Menschen und deren Angehörige im Rhein-Pfalz-Kreis, Landkreis Bad Dürkheim sowie den Städten Ludwigshafen, Frankenthal, Speyer und Neustadt an der Weinstraße.

Integrierte Versorgung

Im Jahr 2000 wurde ins SGB V (Krankenversicherung) der §140 a-d neu eingefügt. Er erlaubt

den Krankenkassen, frei ausgestaltbare Verträge unmittelbar mit Leistungserbringern abzuschließen über eine interdisziplinäre sektorübergreifende Versorgung bestimmter Patientengruppen. Das hört sich zunächst unspektakulär an, bedeutet aber eine weitreichende Veränderung. Bisher konnten Versorgungs- und Finanzierungsbedingungen für gesundheitliche Leistungen nur mit autorisierten Verbänden (z.B.: Kassenärztliche Vereinigung, Krankenhausgesellschaft) vereinbart werden, die dann den Rahmen für die Verträge zur Erbringung einzelner Leistungen bindend festlegen.

 

Was verspricht man sich von dieser neuen Möglichkeit?

Das bisherige Vertrags- und Versorgungssystem hat für psychisch erkrankte Menschen zu einer Reihe von Nachteilen bei der ambulanten Behandlung geführt. Das ambulante Versorgungsangebot ist schwer zu überschauen, und auch die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Institutionen ist häufig unbefriedigend. Zu viele Behandlungen und Kriseninterventionen werden stationär in der psychiatrischen Klinik durchgeführt, obwohl es seit Jahren – in ganz Europa – andere, lebensweltorientierte Behandlungsmöglichkeiten gibt. Der besondere Bedarf chronisch kranker Menschen und ihr Recht auf eine Behandlungsmöglichkeit in ihrem Lebensumfeld wird darüber hinaus systematisch vernachlässigt. Als Ergebnis entstehen Zeit- und Reibungsverluste an den Übergängen, nicht optimale Behandlungsergebnisse, Doppelversorgung für die einen, Unterversorgung für die anderen Patienten und nicht zuletzt unnötige Kosten. Mit Verträgen über Integrierte Versorgung bestimmter Patientengruppen ist es nun möglich, unterschiedliche Gesundheitsleistungen tatsächlich verzahnt und abgestimmt anzubieten. Zunächst

wird ein Konzept erstellt, in dem für einzelne Krankheitsbilder in der Regel notwendige Maßnahmen zu einem sinnvollen Behandlungspaket verbunden werden, für das zwischen Krankenkassen und Anbietern ein Preis vereinbart wird. Auf dieser Grundlage verpflichten sich die Vertragspartner, die festgelegte Zielgruppe in einer beschriebenen Region bedarfsgerecht und flexibel ohne Beachtung von institutionellen Grenzen mit den vereinbarten SGB-V-Leistungen zu versorgen.

 

Factsheet

Patienten/-innen erhalten einen individuell auf ihre Erkrankung abgestimmten Behandlungsplan. Da kein Anreiz für die Abrechnung möglichst vieler Einzelleistungen mehr besteht, soll die Behandlung nicht nur für den Patienten/die Patientin qualitativ besser sondern auch für die Kostenträger billiger werden.

 

Erprobung neuer Behandlungsformen als Wahlmöglichkeit für Patienten

Verträge über integrierte Versorgung psychisch erkrankter Menschen werden von einzelnen Kassen abgeschlossen. Sie wollen ihrer Klientel damit ein zusätzliches modellhaftes Behandlungsangebot (z.B. ein institutionsübergreifendes Programm zur Depressionsbehandlung) machen. Die Regelversorgung besteht davon unberührt weiter. Der Patient kann sich für die Teilnahme an diesem Programm seiner Kasse entscheiden, d.h. er hat eine zusätzliche Wahlmöglichkeit. Die Krankenkassen wollten mit dieser neuen gesetzlichen Möglichkeit das bestehende Vertrags- und Finanzierungssystems um vernetzte ambulante Behandlung erweitern. Sie gehen davon aus, dass solche interdisziplinären Behandlungsformen dem multidimensionalen Charakter schwerer Erkrankungen besser gerecht werden. Gleichzeitig erhoffen sie sich mehr Flexibilität im Versorgungssystem durch stärkeren Wettbewerb.

 

Bisherige Entwicklung der integrierten Versorgung

Das Interesse der Krankenkassen, Bewegung in die festgefahrene Vertragslandschaft der medizinischen Versorgung zu bringen, zeigt erst langsam Wirkung. Kaum eine Einrichtung interessierte sich im Jahr 2000 dafür, die gewohnten und eingefahrenen Finanzierungswege zu verlassen. Seit aber dann 2004 dem Gesetz durch neue Regelungen und eine Anschubfinanzierung mehr Nachdruck verliehen wurde, steigt die Zahl der Verträge über Integrierte Versorgung stetig. Inzwischen gibt es eine große Zahl von Verträgen, die überwiegende Mehrzahl hat aber nur einen engen Geltungsbereich.

 

Integrierte Versorgung in der Psychiatrie

Versuche einer umfassenden Organisation der vernetzten ambulanten Behandlung von Psychosen oder Depressionen sind ungleich komplizierter und deshalb bisher selten. Noch seltener ist bei den bisherigen Verträgen die Einbeziehung gemeindepsychiatrischer Träger. Und doch ergeben sich gerade im Bereich der Versorgung psychiatrischer Erkrankungen weitreichende Optionen. Zwar meint die in §140 a-d SGB V beschriebene Integrierte Versorgung nicht kostenträgerübergreifende Komplexleistungen. Es geht ausschließlich um die Integration und bessere Verknüpfung von SGB-V-Leistungen in der Verantwortung der Krankenkassen (Krankenhausversorgung, vertragsärztliche/vertragspsychotherapeutische Leistungen, medizinische Rehabilitation, ambulante psychiatrische Pflege, Soziotherapie, sozialpädiatrische Leistungen, Heilmittel (d.s. Ergotherapie, Physiotherapie, Logopädie, Podologie); Hilfsmittel, Arzneimittel). Dennoch besteht damit erstmals eine rechtliche Grundlage für das Schnüren individueller, bedarfsgerechter Behandlungs und Versorgungspakete, die dem multidimensionalen Charakter seelischer Erkrankungen besser gerecht werden.

 

Integrierte Versorgung – eine Chance für die Gemeindepsychiatrie?

Die etwa 150 bundesweit bestehenden Verträge im Bereich der Versorgung von psychischen oder Suchterkrankungen werden zur Zeit überwiegend von Kliniken und niedergelassenen Ärzten getragen. Gemeindepsychiatrische Träger bilden derzeit noch eine Minderheit – ob als unmittelbare Vertragspartner oder als Verbundpartner. Dennoch stellen Verträge über Integrierte Versorgung gerade für die gemeindenahe Behandlung psychischer Erkrankungen eine fachlich interessante Möglichkeit und für die Träger eine wichtige Zukunftsoption dar. Gerade auf dem Feld der Psychiatrie eröffnet die Überwindung der Trennung von ambulanter und stationärer Behandlung und die koordinierte Einbeziehung ambulanter Leistungen im Lebensumfeld der Patienten besondere Chancen für integrierte Behandlung.

Zum einen haben psychisch kranke Menschen im unüberschaubaren gegliederten Hilfesystem

oft Probleme, die vorhandenen Angebote gezielt zu nutzen. Zum anderen entspricht ein abgestimmter Einsatz verschiedener Therapie- und Betreuungsleistungen nach individuellem Bedarf den Erfordernissen psychiatrischer Behandlung. So wird es z.B. möglich, Zeit und Umfang von ambulanter psychiatrischer Pflege, Soziotherapie, Ergotherapie oder auch Arztkontakten nicht nach Verordnung oder Praxisbedingungen zu bestimmen, sondern flexibel über deren Einsatz zu entscheiden nach dem Grundsatz: Viel wenn nötig – wenig wenn möglich. Auch als Einzelleistung schwer zu realisierende Leistungen wie Behandlung zuhause und Krisenhilfe rund um die Uhr können Teil eines Behandlungspakets sein.

Die Chancen solcher umfassenden Versorgungsmodelle, die gleichzeitig den Bedarf für vollstationäre Klinikbehandlung deutlich senken, werden auch von den Krankenkassen zunehmend wahrgenommen. Sie erhoffen sich, auf diesem Weg eine Qualitätsverbesserung für ihre Versicherten bei gleichzeitiger Kostenersparnis zu realisieren. In letzter Zeit hat z.B. die Techniker-Krankenkasse einen entsprechenden Referenzvertrag mit dem Dachverband Gemeindepsychiatrie erarbeitet und spricht gezielt gemeindepsychiatrische Träger an.

Der Vorteil für die Patienten liegt darin, dass sie eine umfassende Behandlung mit unterschiedlichen Teilen aus einem Guss und ohne Wechsel von Einrichtungen erhalten. Dabei können Leistungen, die sonst Teil einer multidisziplinären Klinikbehandlung sind, auch ambulant in ihrem Lebensumfeld erbracht werden.

Besondere Vorteile für die Patienten, die sich in einen solchen integrierten Behandlungsvertrag einschreiben, sind verbindliche, transparente Behandlungsverträge, eine 24-stündige Erreichbarkeit der Hilfsdienste sowie Rückzugsräume als Alternativen zu Klinikaufenthalten. Besonders interessante Modelle umfassender Versorgung psychisch kranker Menschen in Regie gemeindepsychiatrischer Träger bieten z.B. die Gesellschaft für ambulante psychiatrische Dienst in Bremen (http://www.gapsy.de ) und die Pinel gGmbH in Berlin ( http://www.pinel-online.de). Weitere Informationen zu Verträgen über Integrierte Versorgung im Bereich der Gemeindepsychiatrie finden Sie auf der Internetseite des Dachverbands Gemeindepsychiatrie (http://www.psychiatrie.de/dachverband).

Quelle: Dachverband Gemeindepsychiatrie

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